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21.01.2017

Blind date heute - Maria Reuter

WIE MICH PATCHWORK GEFUNDEN HAT...

1989 beschlossen mein damaliger Freund, wir wohnten in Fürstenfeldbruck, und ich, mit einem Wohnmobil durch die USA zu fahren. Wir nahmen unseren Hund Birdy mit auf die Reise und blieben fast 1 1/2 Jahre drüben, es war bisher die beste Zeit meines Lebens.

Die Reise begann in Vancouver und wir nahmen die Route Richtung Norden bis zum „Top of the World“ in Alaska. Natürlich schrieb ich regelmäßig unser Reisetagebuch und in den USA gab es damals schon die "One-Hour-Fotos“, mit denen ich meine Berichte wunderbar illustrieren konnte.


Nach einiger Zeit wurde es mir doch langweilig und ich überlegte, welche Handarbeit ich machen könnte. Kreatives mit meinen Händen zu vollbringen hat mir irgendwie gefehlt. In den Fabric Stores fand ich nichts was mich überzeugen konnte, doch gefiel mir die gigantische Auswahl an Blümchenstoffe, die ich von Deutschland nicht kannte. Es entstand in meinem Kopf eine Idee: Wenn ich zurück  bin, wollte ich Jeansjacken nähen und mit diesen Stoffen abfüttern.


Auf den Campingplätzen schloss immer Birdy zuerst die Freundschaften und somit lernten wir ein sehr nettes Ehepaar von Whidbey Island (nördlich von Seattle, wunderschön!) kennen. Sie luden uns auf einen Besuch ein, wenn wir Richtung Süden fahren und das machten wir auch. Inzwischen war mein Lager an Blümchenstoffen recht umfangreich geworden und ich erzählte von meiner Jeansjackenidee. Jo sagte, das sind doch alles Patchworkstoffe, warum machst Du das nicht. „Patchwork" hatte ich wirklich vorher noch nie gehört, habe auch nicht darauf geachtet und als ich das erste Buch bei Jo sah, begriff ich überhaupt nichts. Um Himmels Willen, was ist denn das? Ich fand keinen Bezug dazu.


Nun, unsere Reise ging gemütlich weiter und in San Francisco besuchten wir eine deutsche „alte“ Freundin, die sehr früh ausgewandert war. Ihr erzählte ich auch meine Jeansjackengeschichte und sie fragte: warum machst Du kein Patchwork! Schon wieder diese Frage!!! Wir fuhren in mehrere Geschäfte und überall liefen die Kurse und dann fanden wir eine Frau, die an 2 Nachmittagen ins Haus kam und uns die Grundbegriffe des Patchwork lehrte. UND DAS WAR DER ANFANG!  Ich lernte Schablonen zu machen, kleine Teilchen mit der Hand zusammen zu nähen und ohne Rahmen zu quilten. Mein erster Block war der Ohio-Star.


Meine Stoffauswahl war nun eine ganz andere und ich wurde fabriccrazy! Ich kaufte dann auch Bücher, jeder Stoffladen auf der Tour gehörte mir und ich hatte richtig Spaß, die Geometrie der Blöcke zu lernen. Natürlich nähte ich sehr fleißig, eigentlich schon besessen! Gebügelt habe ich unterwegs auf unserem Schneidbrett in den Toilettenhäuschen mit Stromanschluss. Was werden die Amis wohl gedacht haben? Na ja, für die war dies ja nichts Neues und ich tauchte völlig in die Welt des Patchwork ein. Im Wohnmobil nähte ich 3 große Quilts als Decken geeignet und 2 Kopfkissen mit ganz vielen unterschiedlichen Blöcken, einfach als Übung gedacht.  Einmal hatte ich keine Schablonenfolie mehr und wir standen mitten in der Wildnis. Unsere Plastiktischsets fanden eine viel bessere Verwendung! Ich liebe meine 3 handgenähten Quilts. Einen habe ich lange Zeit benutzt und nach der 2. Wäsche sah ich erst einen Fehler. Nun hat er an Farbe verloren, ist in Pension und durch ihn werde ich immer an die Worte einer Amishfrau erinnert: Nur Gott ist vollkommen.


Ja, das ist meine kleine Geschichte.
Später, als ich selbst Anfängerkurse gegeben habe, gestaltete ich sie genauso wie meine Beginnerstunden. Anfangs quälte ich meine Schüler noch damit, die Teile mit der Hand zusammen zu nähen. Aber das war falsch, jeder ist anders begabt und nach einem Wochenende möchte man ja auch so viel wie möglich an Ergebnissen sehen. Es war immer ein Erlebnis, am Ende des Kurses die unterschiedlichsten Sterne nebeneinander zu sehen. Schon das ist ein kleines Kunstwerk. Und wer an meinem pensionierten Quilt zuerst den Fehler entdeckte, bekam von mir einen Cappuccino spendiert.


Ach ja: Ich sammelte in den USA natürlich fleißig Stoffe und schickte sie dann zwischendurch nach Hause, ein bißchen unauffällig für den Mann… Ich zählte sie hier durch und hatte 432 Verschiedene und nur 2 Muster waren doppelt! Natürlich gibt es heute noch Restanten, aus denen ich Schuhsäckchen als Geschenk nähe.



Es hat mir gerade Spaß gemacht, in die Erinnerungen einzutauchen. Patchwork hat mein Leben so sehr bereichert, auch wenn die Quilts meist im Verborgenen ruhen. Kreativität ist doch herrlich, egal in welcher Form!


Mit ganz lieben Grüßen Maria!

Mays Kommentar: ich konnte nicht widerstehen, den Text zu einigen Bildern auch noch zu veröffentlichen. Hier kommt ein Auszug aus unserem Schriftverkehr:


Ich werde einige Fotos mit einem kleinen Kommentar anhängen. Von meinem „Senior“ gibt es leider kein Foto, muss ich vielleicht mal bei Gelegenheit machen.
Ansonsten sind fast alle Quilts auf der Homepage.

"Per Anno", mein Quilt zur Jahrtausendwende



bei den einzelnen Monaten habe ich verschiedene Techniken angewendet, mit denen ich zu diesem Zeitpunkt gearbeitet habe. Die 17 im Februar ist mein Geburtstag.


Mein wirklich erster eigener Entwurf (1993) nach der traditionellen Phase. Er ist ca. 180x180cm. Ich habe ihn Originalgroß auf Papier gemalt - mit dem unendlichen Knoten von Escher - und letztendes sind es 465 verschiedene Teilchen. Die Farben habe ich während des Zuschnitts festgelegt. Hierauf bekam ich einen Sonderpreis einer Jury und das machte mir Mut, meine eigene Schiene zu fahren. (Kursangebot) Es gibt noch einen 2. Quilt mit über 1000 Teilen, aber den habe ich ohne zu fotografieren verschenkt…!


und diese Beiden sind eigentlich „Left Overs“ und groß genug für das Sofa. Aus kleinen Reststücken und übrig.


gebliebenen Streifen nähe ich Log Cabins, Schachbrett usw. Wenn ich genug Material beisammen habe, nähe ich die farblich passenden Ohio Stars dazu. (Remember an die Anfänge). Zuerst pinne ich die Sterne an meine Wand und die Lücken fülle ich auf mit all den bereit liegenden Left Overs und ergänze mit Allerlei. Das Arbeiten ohne vorheriges Konzept ist recht spannend, natürlich nicht medaillenverdächtig, aber ich liebe es. Manchmal können  3 - 4 Jahre vergehen, bis ich für einen Quilt genügend gesammelt habe.


ach ja, das ist auch ein Left Overs und wurde ein Hochzeitsgeschenk für eine Freundin.


Flower Power I, zuerst sammelte ich 2 Jahre Blümchenstoffe und bei 123 dachte ich mir, es könnten genug sein. Es ist mein Lieblingsquilt und frag mich nicht, wie lange ich gequiltet habe! Ihr kennt ihn ja in natura.

9 Kommentare:

  1. Liebe Maria, ich bin ein großer Fan von dir und deinen wunderschönen Arbeiten! Sie sind alle so unterschiedlich, aber eins haben sie gemeinsam; sie sind mit großem handwerklichen Können und sehr viel Liebe zum Detail gemacht. Ich bin heilfroh, sie in echt gesehen zu haben, weil erst dann sieht man richtig wie schön und einmalig sie sind.

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  2. Liebe Maria, eine tolle Geschichte, ich habe richtig ein bisschen Gänsehaut. Das ist so schön und ja, auch ich finde Patchwork bereichert mein Leben und ohne Patchwork wäre es nur halb so bunt, halb so entspannend und halb so spannend. Vielen Dank, liebe Grüße Deine Ariane

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  3. Hallo Maria,

    Wahnsinn was Du so entwirfst und nähst. Danke in den detailreichen Einblick in deine Patchworkgeschichte und dann die Interpretation des Escherknotens. Einfach der Wahsinn.

    Liebe Grüße Judith

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  4. Liebe Maria,

    das ist eine der spannensten Geshcichten, die ich hier gelesen habe. So eine Tour ist bestimmt sehr aufregend. Ich beneide Menschen, die für so lange Zeit mal alles hinter sich lassen können. Klar dass die dort entstandenen Quilts für Dich eine besondere Bedeutung haben.

    Liebe Grüße Mareike

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  5. Hallo Maria,
    lieben Dank für deine sehr interessante Geschichte. Deine Quilts sind große Klasse!
    LG eSTe

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  6. Hallo Maria,
    nachdem ich gestern deine Geschichte gelesen und deine Werke bewundert habe, war ich einfach nur ergriffen still. Ziehe heute nochmals alle meine Hüte (dafür habe ich sie im Geiste) und gratuliere zu solch einer Schaffenskraft.
    LG Renate

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  7. Hallo Maria,
    anderthalb Jahre durch die USA zu reisen ist ein Wahnsinnsprojekt...dass Du dabei auf Patchwork gestossen bist, ist wirklich ein Glücksfall. Deine Quilts sind einfach einzigartig und super schön. Deine Webseite schaue ich mir nun auch noch genauer an. Viele Grüße
    Martina

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  8. Liebe Maria,
    eine sehr interessante Geschichte, "Dahinter" ... spannend, wie es dich letztlich dann doch "erwischt" hat ... =)))
    Manchmal soll es einfach sein ... =D
    Diese Quilt"Büste" gleich, zu Anfang, ist genial ... Hut ab!!!
    Mit lieben Grüßen
    Kirsten

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  9. Maria Reuter durfte ich in Maastricht kennen lernen, was für eine sympatische und wunderbar kreative Künstlerin. Ihre Quiltgeschichte ist zu schön und die Quilts einfach ein Genuss!!! Liebe Grüße von martina

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