Renate Salz hat einige Gedanken zu unserem Thema aufgeschrieben und ihre eigene quiltige Entwicklung geschildert.
Quilts - modern oder traditionell (Renate Salz)
Lassen sich diese Begriffe voneinander abgrenzen?
Gibt
es entscheidende Merkmale, die eine Klassifizierung rechtfertigen?
Die Modern
Cologne Quilters haben dieses Thema erneut aufgegriffen und somit eine interessante
Diskussionsrunde eröffnet.
Quilts als Ausdruckform
Kreativität
kennt keine starren Regeln. Empfindungen sind und bleiben subjektiv. Und das,
was einem gerade gefällt, hat seine Berechtigung.
Die
Gegenüberstellung von Tradition und Moderne ist nicht als Zensur zu verstehen.
Der Abgleich dient lediglich der Darstellung von Entwicklungsprozessen. Die
Veränderungen von Mustern und Farben ist das Ergebnis jahrelanger kreativer Arbeit
mit Nadel, Faden und Stoff unterliegen einem ständigen Wandel.
Mein quiltiger Weg
2005-2015
Im
Nachfolgenden beginne ich rückblickend mit meinen persönlichen Erfahrungen als totale
Anfängerin ab 2005. Ich traf mich mit Gleichgesinnten in einer örtlich neu
gegründeten Gruppe. Bis hatte ich von Patchwork keine Vorstellung. Die in
diesem Zeitraum entstandenen Arbeiten sind (aus heutiger Sicht) aus traditionell
vermittelten Anschauungen entstanden.
Kissen / 2006
Der
zerschnittene Blütenstoff ist mit 1-Inch-Quadraten als Kranz zusammengesetzt
und mit einer Biese umrandet. Biesen waren zu diesem Zeitpunkt total in! Deutschsprachige
Patchwork-Magazine waren für mich anfangs der einzige Zugang zur Quiltliteratur.
Diese Hefte wurden fleißig, aber unübersichtlich gestapelt.
Die
Stoffregale in den regionalen Läden waren mit überwiegend bunten Blumendrucken
und Themenstoffen aller Art gefüllt.
„Dimples“ in
allen Farben waren DIE Basics schlechthin. Ich habe sie geliebt!
Und die
Batiks! Sie sind immer noch aktuell. Wer hat sie nicht durchlebt? Meine werden
inzwischen in anderen „guten Händen“ weiter verehrt!
Dimples + Batik / 2007
Das Quilting als Ausdrucksform
Die
überwiegend vertretene Ansicht, dass ein Maschinenquilting den Wert eines Quilts
mindere, bzw. nicht authentisch erscheinen ließe, führte dazu, dass ich einen
Handquiltkurs belegte und mich in gleichmäßigen Stichlängen übte. Außerdem
fehlte es mir noch an einer quilttauglichen Nähmaschine mit entsprechendem
Equipment.
Minis / 2007 - 2011
Es gab
Diskussionen, ob man Quiltstiche sichtbar, bestenfalls sogar mir Kontrastgarnen
aufbringt, oder es doch lieber bei der Methode „Stitch in the ditch“ belassen
solle. Letzteres war wohl eher dem mangelndem Zutrauen an eigene Fähigkeiten
geschuldet.
Mittlerweile
verstehe ich, dass einem traditionellen Quilt mitunter ein Handquilting besser
steht und ein Maschinenquilting moderne Strukturen vorteilhafter unterstreichen
kann. Es ergeben sich mit den beiden Versionen unterschiedliche Merkmale in
Charakteristik und Haptik.
Ausschnitte Paperpiecing / Wandbehang
2012
Symbolisierte Häuserfront Kölner Altstadt
Meine Quilt-Zeitenwende im Jahr 2015
Der aktuelle
Begriff der „Zeitenwende“ vollzog sich für mich aus Quiltersicht bereits 2015.
Das Kurserlebnis „Cross It“, initiiert von den MCQ`s mit Brigitte Heitland
offenbarte mir einen Blick „hinter den Horizont“, der bis dahin vorgefundenen
Welt des traditionellen Quiltens. Zeitgleich fand ich auch den Zugang zum
Internet bzw. Instagram. Ich verließ die „Welt in Blau“ und mein Bewusstsein
für Gestaltung verlagerte sich auf modern ausgerichtete Quilterinnen. Es
eröffnete sich mir eine Fülle an Inspirationen und Ideen.
Neue Gestaltungselemente
Gestaltungselemente
wie Rundungen, Negative Space, Minimalismus, Grafik und Improvisation (noch ausbaufähig!)
sind für mich nicht mehr wegzudenken.
Eine asymmetrische
Anordnung von Blöcken erzeugt Spannung. Demgegenüber ist eine straffe Symmetrie,
wie z.B. die im
letzten Blog-Beitrag vorgestellten Irish Chains ebenso überzeugend.
Auch die
Farbpalette der Solids hielten Einzug in meine Vorräte. Bunte Drucke setze ich
hin und wieder ein, solange sie in der Gesamtwirkung nicht überwiegen, bzw. miteinander
konkurrieren. Die Vielfalt der Low Volumes stellt für mich immer wieder eine Grundlage
für „moderne Quilts“ dar.
Sampler 2019 |
Pluses QAL 2022 |
Der
Negativraum ist ein spannendes Gestaltungselement, welches zusätzlich den
Fokus auf die Blöcke richtet. Das Gitter-Quilting unterstützt die gewünschte
Optik.
Moderne
Quilter würdigen die Traditionen im Laufe der Zeiten. Ein klassischer Dear
Jane, umgesetzt mit reduzierten Farben und Drucken, verliert nicht an
Attraktivität.
Altbewährte Blockmuster mit neuzeitlichen Stoffen und Layouts in Szene gesetzt überzeugen im Anspruch an ein modernes Design.
Hier sind zwei traditionelle Blöcke in einem modernen Layout.
Ein Hourglass Quilt (2018) |
Ein Bow-Tie-Quilt (2021) |
Die Kombination unterschiedlicher Blockgrößen und Formen ergibt ebenfalls einen modern gestalteten Quilt.
Lockdown 2020/2021
HST`s und
Flying Geese sind Standards, die mich mit ihren vielfältigen
Gestaltungsmöglichkeiten immer wieder auf´s Neue erstaunen.
Moderne Quilts und die Sozialen Medien
Die Welt der
Sozialen Medien ist als Inspirationsquelle unerschöpflich und nicht mehr
wegzudenken. Dies wird wahrscheinlich in Zukunft Grenzen erweitern und
vielleicht den Weg der Quiltbewegung noch beschleunigen. Das auf diesem Weg
verbreitete Wissen und die Anregungen werden sicherlich die Näh- und
Quiltkultur maßgeblich beeinflussen.
Quilter als Teil des Zeitgeists
Wie schon
vorab gesagt, lässt sich eigentlich gar keine abgrenzende Linie zwischen
Tradition und Moderne ziehen. Der Begriff „Fließende Übergänge“ kommt dieser
Vorstellung wohl noch am nächsten.
Wir, die
Quilter, sind Teil einer Gemeinschaft, die mit dem jeweiligen Zeitgeist Spuren
hinterlässt. Die Gegenüberstellung von Vergangenheit und Gegenwart lässt
automatisch den Weg in die Zukunft offen. Es ist und bleibt spannend – zum
Glück!
Dieser
Blogbeitrag beschreibt ausschließlich meinen Weg zum Patchwork. Welche
Erfahrungen habt Ihr mit den Jahren gemacht? Vielleicht lesen wir auf diesem
Blog davon!
Jedenfalls
wünsche ich euch allzeit erfüllende und zufriedenstellende Quilt-Erlebnisse.
Renate Salz
@naehrenate (auf Instagram)
Hallo Renate,
AntwortenLöschendas ist ja eine spannende Quilt-Reise durch die Zeit! Wie sich die Arbeiten verändert haben, finde ich enorm. Den Lockdown-Quilt konnte ich auf Instagram ein bisschen mitverfolgen und fand es faszinierend, wie Du Farben und Formen kombiniert hast.
Danke für's Zeigen
Elke
Hallo Elke, schön dass du dich meldest.
LöschenBeim Recherchieren war ich mitunter selbst erstaunt, wie sich die Dinge für mich verändert haben. Eben alles zu seiner Zeit und jede Phase ist ein Baustein mehr, der zu einem Ganzen gehört.
Die Gestaltung des Lockdown Quilts hat mir besonders Feude gemacht. Das Zusammenspiel von Formen und reduzierten Farben bietet viele Möglichkeiten für ein spannendes Layout.
Ich wünsche Dir alles Gute und Spaß am Gestalten.
Liebe Grüße - Renate
Liebe Renate , einfach phantastisch, deine Quiltreise ! Häufig habe ich mich wieder gefunden 🙂 Dein Artikel ist so schön gegliedert und formuliert , vielen Dank dafür 😘
AntwortenLöschenUnd das ist doch u. A. das Besondere an unserem Hobby, im Kopf zusammen "auf Reisen gehen"!
LöschenIch freue mich über deine Empfindungen...
Liebe Grüße - Renate
Hallo Renate, das ist ein großartig positives Plädoyer für die Kreativität in jeder Form - bravo. Insbesondere bist du natürlich auf unser tolles Hobby eingegangen und auch ich hab mich dabei wiedergefunden, nicht zuletzt in der Erwähnung des Cross-it-Kurses, der auch bei mir bleibende Eindrücke und eine erweiterte Sichtweise geschaffen hat. Spannend ist es zu lesen wie sich deine Reise durch unterschiedliche Techniken und Vorlieben entwickelt hat. Ja, richtig, alles hat seine Zeit, jeder hat sein eigenes Tempo und seine Gefühlslage, die direkten Niederschlag findet. Genau das fasziniert uns, wenn wir in so schön erzählte Werdegänge wie z.B. den deinen, eintauchen können. Ganz deutlich ist die Zeitreise zu erkennen. Die Farben werden dezenter, aber das mindert nicht den starken Eindruck. "Gewagte" Musterkombinationen/Layouts lassen den Trend gut erkennen. So lassen sich auch klassische Blöcke sehr gut in die Moderne einpassen. Da können die Gedanken spazieren gehen.
AntwortenLöschenInsgesamt ein beeindruckender Beitrag von dir, den ich schon zum zweiten Mal in Ruhe gelesen habe.
LG eSTe
Liebe „eSTe“, danke für deine positive Rückmeldung. Damit zeigst du wieder einmal deine Verbundenheit mit den Kreativen. Das hinterlässt ein bestärkendes Gefühl, vor allem dann, wenn man wieder einmal glaubt, alleine auf der Welt zu sein.
LöschenIch wünsche dir allezeit eine erfüllende Schaffenskraft, verbunden mit regem Gedankenaustausch in alle Richtungen.
Ganz liebe Grüße - Renate